Praxisveräußerung – Ermäßigter Steuersatz ist auch bei irrtüm­licher Gewährung verbraucht

27.04.2022

Gewinne aus einer Praxisveräußerung können Sie als außerordentliche Einkünfte mit einem ermäßigten Einkommensteuersatz versteuern. Haben Sie bereits das 55. Lebensjahr vollendet oder sind Sie im sozial­versicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, können Sie alternativ auf Antrag eine besondere Steuersatzermäßigung in Anspruch nehmen, so dass für die Gewinne nur 56 % des regulären durchschnittlichen Steuersatzes anfallen. Diese Ermäßigung kann aller­dings nur einmal im Leben beansprucht werden.

In einem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Streitfall war einem Arzt 2006 die Steuersatzermäßigung auf Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung gewährt worden, obwohl diese Einkünfte gar nicht begünstigt waren. Das Finanzamt hatte eine Feststellungs­mitteilung für die Gemeinschaftspraxis, in der der Arzt tätig war, falsch ausgewertet. Der Steuersatz wurde reduziert, ohne dass der Arzt dies beantragt hatte. Gleichwohl ließ er den Fehler damals nicht korrigieren. Als der Arzt zehn Jahre später seine Anteile an der Gemeinschaftspraxis verkaufte, wollte er für den dabei entstandenen Veräußerungsgewinn die besondere Steuersatzermäßigung in Anspruch nehmen. Das Finanzamt lehnte dies jedoch ab, weil die Steuersatzermäßigung dem Arzt bereits im Jahr 2006 gewährt worden sei.

Der BFH hat den „Verbrauch“ der Steuersatzermäßigung bestätigt. Eine antragsgebundene Steuervergünstigung sei für die Zukunft auch dann verbraucht, wenn sie zu Unrecht und ohne erforderlichen Antrag gewährt worden sei. Entscheidend ist laut BFH allein, dass sich die Ver­günstigung damals bereits ausgewirkt hatte und nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Etwas anderes kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nur gelten, wenn die irrtümliche Gewährung ange­sichts der geringen Höhe der Vergünstigung oder einer fehlenden Erläu­terung im Steuerbescheid nicht erkennbar war. Diese Fallkon­stellation war hier aber nicht gegeben, da die irrtümlich gewährte Ermäßigung die Steuer 2006 um rund 8.000 € gemindert hatte.

Hinweis: Wer die Steuersatzermäßigung in seinem Leben noch in Anspruch nehmen will, ist also gut beraten, wenn er eine irrtümliche Gewährung zeitnah beim Finanzamt anzeigt bzw. Einspruch einlegt, damit der Fehler korrigiert werden kann, so dass die Ermäßigung für spätere Veräußerungsgewinne noch zur Verfügung steht. Wer untätig bleibt, nimmt den Verbrauch der Ermäßigung in Kauf.

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